KI-Readiness

Die drei unbequemen Wahrheiten über KI-Readiness: Warum 76 Datensysteme 75 zu viel sind

Viele Unternehmen glauben, für KI bereit zu sein – doch die Realität sieht oft anders aus. KI-Readiness im Unternehmen bedeutet nicht, einfach die neuesten Tools zu besitzen, sondern ehrlich auf Datenlage, Infrastruktur und Kultur zu blicken. So pumpen Unternehmen weltweit Millionen in KI-Projekte, die niemals das Licht der Welt erblicken. Sol Rashidi, eine Veteranin mit 13 Jahren Erfahrung in der KI-Transformation und ehemalige Chief AI Officer mehrerer Fortune-100-Unternehmen, hat kürzlich eine schonungslose Analyse veröffentlicht, die zeigt: Die meisten Unternehmen sind nicht annähernd so KI-ready, wie sie glauben.


Der Mythos der technologischen Überlegenheit

Vergessen Sie alles, was Sie über KI-Readiness zu wissen glauben. Es geht nicht darum, den neuesten Tech-Stack zu haben oder die brillantesten Data Scientists zu rekrutieren. Diese Erkenntnis mag für viele Tech-Führungskräfte schmerzhaft sein, aber sie ist fundamental wichtig.

Die wahre KI-Bereitschaft basiert auf drei brutalen Ehrlichkeitschecks, die nichts mit dem Hype zu tun haben, der die Branche dominiert. Es sind die unglamourösen, oft übersehenen Grundlagen, die darüber entscheiden, ob Ihre KI-Initiative ein Erfolg wird oder als weitere Karteileiche in der Schublade verschwindet.


1. Der Daten-Realitätscheck: Wenn 76 Systeme 75 zu viel sind

Stellen Sie sich vor: Ein Unternehmen hat 76 verschiedene Systeme, die Kundendaten speichern. Das Management träumt von einer “360-Grad-Sicht” auf den Kunden. Die ernüchternde Wahrheit? Nur 21 dieser Systeme sind tatsächlich relevant. Der Rest ist digitaler Ballast – teuer in der Wartung, nutzlos in der Praxis.

Diese Anekdote aus Rashidis Erfahrungsschatz illustriert ein fundamentales Problem: Unternehmen sind Meister im Datensammeln, aber Amateure im Datenverbinden. Sie horten Informationen wie digitale Messies, ohne zu verstehen, dass unzugängliche Daten wertlos sind.

Die kritischen Fragen, die sich jedes Unternehmen stellen muss:

  • Zugänglichkeit: Können Ihre Daten tatsächlich abgerufen werden, wenn sie gebraucht werden? Viele Unternehmen sitzen auf Datenbergen, die praktisch unzugänglich sind – ein Schatz ohne Schatzkarte.
  • Auffindbarkeit: Wissen Ihre Teams, wo welche Daten liegen? In der Praxis scheitern viele KI-Projekte bereits daran, dass niemand weiß, welche Daten überhaupt verfügbar sind.
  • Klassifizierung: Haben Sie die mühsame, aber essenzielle Arbeit der Datenklassifizierung durchgeführt? Ohne zu wissen, was vertraulich, sensibel oder öffentlich nutzbar ist, spielen Sie russisches Roulette mit Compliance und Datenschutz.
  • Qualität: Wie steht es um die Datenqualität – ist sie “gut-isch”, “okay-isch” oder schlichtweg unbrauchbar? Ehrlichkeit zahlt sich hier aus, denn KI-Modelle sind nur so gut wie die Daten, mit denen sie gefüttert werden.

2. Infrastruktur-Maturität: Wenn digitales Klebeband nicht mehr reicht

Rashidi bringt es auf den Punkt: Man kann einem Zweitklässler keine Universitätsphysik beibringen, und man kann keine KI auf einer Infrastruktur laufen lassen, die mit digitalem Klebeband zusammengehalten wird.

Die Infrastruktur-Frage geht weit über die reine Rechenleistung hinaus:

  • Cloud-Kapazitäten: Verfügen Sie über eine Cloud-Infrastruktur, die KI-Workloads bewältigen kann? Noch wichtiger: Sind Sie bereit, dafür zu bezahlen? Die Kosten für KI-Computing können schnell explodieren.
  • Sicherheitsprotokolle: Mit KI vergrößert sich die Angriffsfläche dramatisch. Die Notwendigkeit, Sicherheitsprotokolle zu verdoppeln, steht im direkten Konflikt mit der Anforderung, Daten zugänglich zu machen. Dieser Balanceakt ist kritisch.
  • Kostentransparenz: Können Sie die tatsächlichen Kosten Ihrer KI-Workloads berechnen? Rashidis Warnung ist eindringlich: Sie hat Unternehmen gesehen, die 3 Millionen Dollar ausgaben, um 600.000 Dollar Umsatz zu generieren – einfach weil niemand nachgerechnet hatte.

3. Humankapital: Der unterschätzte Erfolgsfaktor

Hier kommt die vielleicht wichtigste Erkenntnis: KI ist kein Technologie-Problem, sondern ein Menschen-Problem. Rashidis Erfahrung mit einem 832-köpfigen Team über mehrere Kontinente hinweg zeigt: Die Technologie war nie der Blocker. Es ging immer darum, die richtigen Menschen zu trainieren und Vertrauen aufzubauen.

Die entscheidenden Fragen zum Humankapital:

  • Brückenbauer: Haben Sie Talente, die zwischen Business-Anforderungen und technischen Möglichkeiten übersetzen können? Diese seltenen Individuen sind Gold wert.
  • Anpassungsfähigkeit: Kann Ihre Organisation neue Arbeitsweisen absorbieren und sich anpassen? Kultureller Wandel ist langsam und schmerzhaft.
  • Kulturwandel: Sind Sie auf die fundamentale Verschiebung vorbereitet, die mit der Mensch-KI-Kollaboration einhergeht? Dies ist keine technische, sondern eine kulturelle Herausforderung.
  • Vertrauensbildung: Wie stellen Sie sicher, dass Mitarbeiter darauf vertrauen, dass KI sie unterstützt und nicht ersetzt? Ohne dieses Vertrauen ist jede KI-Initiative zum Scheitern verurteilt.

Die unbequeme Mathematik der KI-Transformation

Rashidis Aufschlüsselung des Transformationsaufwands ist ernüchternd:

  • Infrastruktur: nur 15%
  • Daten: etwa 20%
  • Sicherheit: 30%
  • Talent und Menschen: satte 35%

Diese Zahlen widersprechen der gängigen Vorstellung, dass KI primär eine technische Herausforderung sei. Der schwerste Teil ist die menschliche Komponente – das Einstellen, Trainieren und Vorbereiten von Menschen auf eine KI-gestützte Transformation.


Der Weg nach vorn: Klein anfangen, groß träumen

Rashidis Fazit ist klar: “Strategie ohne ordentliche Ausführung ist nur Halluzination.” Bevor Unternehmen dem glänzenden KI-Use-Case mit der größten ROI-Projektion nachjagen, sollten sie sicherstellen, dass die Sophistikation ihres Use Cases mit der Sophistikation ihrer Daten, Infrastruktur und Talente übereinstimmt.

Die Empfehlung ist pragmatisch:

  • Klein anfangen: Lösen Sie echte Geschäftsprobleme, keine hypothetischen Zukunftsszenarien
  • Erfolge aufbauen: Eine Serie kleiner Siege schafft Momentum und Glaubwürdigkeit
  • Muskelgedächtnis entwickeln: Jeder Erfolg stärkt die organisatorische Fähigkeit, größere Transformationen anzugehen

Fazit: Die unbequeme Wahrheit akzeptieren

Die drei Fragen zur KI-Readiness sind unbequem, weil sie die glamouröse Fassade der KI-Revolution durchbrechen. Sie zwingen Unternehmen, sich mit den unglamourösen, aber fundamentalen Aspekten auseinanderzusetzen: fragmentierte Daten, veraltete Infrastruktur und unvorbereitete Mitarbeiter.

Für Unternehmen, die wirklich KI-ready werden wollen, ist der erste Schritt die brutale Ehrlichkeit über den eigenen Zustand. Nur wer bereit ist, sich diesen unbequemen Wahrheiten zu stellen, hat eine Chance, zu den wenigen zu gehören, deren KI-Projekte tatsächlich das Tageslicht erblicken – und einen echten Geschäftswert liefern.

Die Botschaft ist klar: Hören Sie auf, der neuesten Technologie hinterherzujagen. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf die Grundlagen. Denn in der Welt der KI-Transformation gilt: Ohne solides Fundament ist jeder Wolkenkratzer zum Einsturz verurteilt.